Die Theorie
fordert nichts als Freiheit und Mannigfaltigkeit der Situationen zur selbsttätigen
Bildung der eigenen Kräfte. Die Wirklichkeit zeigt zahlreiche
Zwänge und Einschränkungen. Die Politik hat die Aufgabe,
(Selbst-)Bildungsmöglichkeiten zu schaffen und Zwänge abzubauen.
Dazu sind politisches Handeln, Gesetze, Institutionen erforderlich. Es
ist unausbleiblich, daß diese, da sie bestimmte Zwecke verfolgen,
mit der Zeit selbst als Einschränkung der Freiheit und als Zwang empfunden
werden. Damit steht die Politik immer wieder vor derselben Aufgabe, nämlich
Freiheitsräume zu schaffen, deren konkrete Inhalte nur aus den gegebenen
Umständen heraus zu gewinnen sind. Es könnte scheinen, als sei
die so bestimmte Aufgabe der Politik eine Sisyphusarbeit. Doch das ist
nicht der Fall. Zwar bleibt die Arbeit formal dieselbe: Freiheit zu schaffen.
Aber der Berg ist jedesmal ein anderer, niemals rollt der Stein zurück.
Der Politiker hat das konkrete Ziel nicht unerreichbar vor Augen, sondern
er bestimmt es jeweils neu und kann es auch erreichen - mit Vernunft und
Geschick: natura non nisi parendo vincitur (Nur indem man ihr gehorcht,
wird die Natur besiegt: Fr. Bacon). Nur ist er damit nicht endgültig
am Ziel. Er hat immer Ziele, aber kein Endziel. |